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persönlicher Kommentar

Unsozial und unsolidarisch

Rentenkürzungsmaßnahmen sind ein Problem der gesamten Gesellschaft.

Zum ersten Mal überhaupt konnte ich nach meinem Erinnern in der Zeitung Hinweise zu einer „wirkungsgleichen Übertragung von Rentenkürzungsmaßnahmen auf die Pensionen“ lesen, allerdings formuliert als „kostendämpfende Rentenreform“. Es wird so dargestellt, als ob es jetzt plötzlich Kritiker gäbe, denen diese Idee gekommen sei und die nun mit Akribie eine solche wirkungsgleiche Übertragung fordern würden. Dabei handelt es sich um eine von der Bundesregierung im Jahr 2004 bei Einführung der Rentenkürzungsfaktoren gemachte Zusage, an die sich jedoch die späteren Bundes- und Landesregierungen nicht gehalten haben. Dies kritisiere ich schon seit 12 Jahren als unsozial und unsolidarisch, zudem als Lug und Betrug an den Rentnerinnen und Rentnern. Es wurden klare Bedingungen und Zusagen formuliert, an die sich später nicht gehalten wurde. Aber die Zeitung bleibt sich auch jetzt wieder ihrer Linie treu und stellt sich nicht etwa auf die Seite der Rentner, die entgegen einer eindeutigen Prämisse bereits seit Jahren und auch zukünftig einseitig belastet werden. Sie hält es damit auch für gerecht, dass Rente und Pension immer weiter auseinanderdriften, obwohl die demografische Entwicklung, wegen der ja die Rentenkürzungsmaßnahmen eingeführt wurden, unbestritten ein Problem der gesamten Gesellschaft ist, also auch der Pensionsempfänger. Exemplarisch für die einseitige Haltung ist die im Beitrag geäußerte Auffassung, Beamtenvertreter könnten das Verhindern zusätzlicher einseitiger Rentenkürzungen, was mit der Haltelinie von 48 % beim Rentenniveau ja lediglich bezweckt wird, als eine „Beschleunigung von Rentenerhöhungen“ sehen, um dann „wirkungsgleich“ zusätzliche Pensionserhöhungen fordern zu können. Auf eine derart irrationale Begründung für die generelle Ablehnung zu einer verfassungsgemäßen, wirkungsgleichen Übertragung von Rentenkürzungsmaßnahmen auf die Pensionen, muss man erst einmal kommen. Das Thema lässt sich einfach und sonnenklar, für jeden verständlich, in konkreten Zahlen darstellen: 2004 hat das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren noch 52,9 % vom Durchschnittseinkommen betragen. Durch den Riesterfaktor und dem demografischen Faktor Nachhaltigkeit sinkt das Niveau ab nächsten Monat auf die Haltelinie von 48,0 %, was Kürzungen von insgesamt 9,26 % ausmacht. Das Pensionsniveau war 2004 dagegen nach 40 Dienstjahren bei 75 % vom letzten Einkommen gelegen und ist durch den Riesterfaktor um lediglich 4,33 % auf 71,75 % abgesenkt worden. Der Nachhaltigkeitsfaktor wurde also nie angewandt und somit ist die verbindlich erklärte wirkungsgleiche Übertragung, entgegen getroffener Zusagen, nicht erfolgt. In der Praxis werden jeden Monat die Renten wegen der Demografie um fast 5 % stärker gekürzt als die Pensionen und bei der ständig geforderten Abschaffung der Haltelinie käme es zu weiteren Renten-, nicht aber zu Pensionskürzungen, wobei das Rentenniveau künftig zusätzlich noch durch den Faktor Beitragssatz abgesenkt würde, da auf jeden Fall mit steigenden Beiträgen gerechnet werden muss. Nehmen wir also an, dass in den nächsten 10 Jahren bei Abschaffung der Haltelinie durch die beiden Kürzungsfaktoren das Rentenniveau von heute 48 % um weitere 10 % auf 43,2 % sinken würde, was nicht unrealistisch sein dürfte, dann stehen im Vergleich zu 2004 jeden Monat 18,3 % Rentenkürzungen lediglich 4,33 % Pensionskürzungen gegenüber. Offizielle Begründung: demografische Entwicklung. Was sagt dazu aber bitte ein Rentner mit 1.000 Euro Rente netto, der fünf Kinder großgezogen hat, wenn er sich mit einem kinderlosen Pensionär vergleicht und sich zudem die zwangsläufig aufkommende Frage stellt, wer denn hier der Verursacher dieser negativen demografischen Entwicklung ist und außerdem die finanziellen Nachteile, die Kinder zwangsläufig mit sich bringen, nie hatte? Glaubt denn wirklich irgendjemand ernsthaft, dass eine solche massive Ungleichbehandlung und fundamentale Ungerechtigkeit auf Dauer gut gehen kann oder stellt sich da nicht eher die Frage, wann viele Rentner deswegen wohl gezwungen sein werden, auf die Straße zu gehen? Mit der Begründung, dass die von ihr geforderten einseitigen Rentenkürzungen notwendig sind, um dadurch eine Beschleunigung der Pensionserhöhungen zu verhindern, wird der für diesen Fall von mir prognostizierte Rentneraufstand bestimmt nicht aufzuhalten sein. (Wolfgang Winter)

Autor/in:
Wolfgang Winter
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